Hungertücher in den Kirchen

Die Misereorhungertücher 

Kunst als Ort des Dialogs

Herr Pfarrer, was macht das Tuch da über dem Altar ?

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Diese Frage wurde mir gestellt und da es in manchen Gemeinden noch keine Tradition war ist es dieses Jahr in jeder unserer Kirche zu sehen, deshalb eine Erklärung:

Die Bibel der Armen:

Die Hungertuch-Idee entstammt einem alten, kirchlichen Brauch, der bis vor das Jahr 1000 n. Chr. zurückgeht. Die Tücher zeigten Bildmotive aus der Heilsgeschichte des Alten und Neuen Testaments. Einerseits verdeckten sie das heilige Geschehen am Altar, andererseits erzählten sie die biblischen Geschichten von der Schöpfung bis zur Wiederkunft Christi und stellten so als »Armenbibel« der des Lesens meist unkundigen Gemeinde die Heilsgeschichte in Bildern vor Augen.

Eine alte Tradition neu belebt:

Das bischöfliche Hilfswerk MISEREOR hat 1976 die Tradition der Hungertücher wieder aufgegriffen und ihr eine weltweite Resonanz verschafft. Alle zwei Jahre wird ein neues Bild von engagierten Künstler*innen aus Afrika, Lateinamerika und Asien gestaltet und ermöglicht Einsichten in das Leben und den Glauben von Menschen uns fremder Kulturen. Die modernen Bilder laden, ganz in der Tradition der mittelalterlichen Tücher, zur Betrachtung des Leidens Christi ein. Neu daran ist, dass eine Verbindung mit dem Hunger und der Armut, aber auch dem kulturellen und spirituellen Reichtum der Menschen in den Ländern des Südens hergestellt wird.

Kunst als Ort des Dialogs:

MISEREOR begann diese Zusammenarbeit in einer Zeit, als die Werke von Künstler*innen aus dem Süden ihren Platz noch in Völkerkundemuseen hatten. Kunst ist jedoch mehr als schöner Schein. Sie ist Element der Gestaltung des gemeinschaftlichen Lebens. Sie entspringt dem tiefsten Wesen des Menschen und gründet auf einem Schatz allgemein verständlicher Muster. Deshalb kann sie universal verstanden werden. Viele der Künstler*innen kennen beides, den Süden und den Norden, und konnten so zu Brückenbauern zwischen ihrer eigenen und unserer Kultur und Spiritualität werden.

Kultur und Entwicklungszusammenarbeit:

Wie passt das zusammen? In der Entwicklungszusammenarbeit geht es doch eher um Armutsbekämpfung, politische und wirtschaftliche Strukturen, das Eintreten für eine gerechte Weltordnung. Das kann aber nur gelingen, wenn wir uns um andere Menschenbilder und Werthaltungen bemühen. Kunst, Kultur und Religion sind Orte, an denen solche Utopien entworfen und diskutiert werden. Verschiedene UN-Weltkonferenzen haben Kultur als existentielles Element für die Entwicklungsfähigkeit von Gesellschaften herausgestellt. Künste und Kultur sind geistiges Lebens-Mittel, so notwendig wie Essen und Trinken. Künstler können Anstöße geben und bei der Orientierung helfen.

Schaubilder des Glaubens:

Im Laufe der Jahrzehnte wurden die MISEREOR-Hungertücher in vielen christlichen Kirchen zu einem festen Bestandteil der Fastenzeit. Sie geben mit ihrer eindrucksvollen und vielfältigen Bildsprache Zeugnis von der Solidarität mit den Armen, Schwachen und Ausgegrenzten und sind immer auch Anfrage an unser Christsein und unseren Lebensstil.

 Text von Misereor Dr. Claudia Kolletzki

Jedes Hungertuch wird in der Kirche erklärt / Info

Im Laufe der Fastenzeit stelle ich auch von jeder Kirche das Hungertuch hier vor.

Pfarrer Michael Schmitt

Mitmenschen‏‎ etwas Gutes tun …

Die Werke der Barmherzigkeit

(Gl 29, 3)

Das Evangelium (Jesus) gibt auf die Frage, wie Menschen Christus begegnen können, die Antwort: “ Was ihr für einen meiner geringsten Schwestern oder Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Mt 25,40).

Und auch ein Gebot der Kirche ist es: Steh der Kirche in ihren Erfordernissen bei!

Wir sollen durch Mittun und materielle Unterstützung den Auftrag des Volkes Gottes mittragen, oder Gutes tun.